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Kohärentes Atmen: So hilft dir die Atemtechnik, öfter in den Flow zu finden und dich weniger gestresst zu fühlen


Gastbeitrag von Sophie Heywood, Yogalehrerin und Mitgründerin von Double Shot

 

Einführung
Wenn du jeden Tag kostenlos etwas tun könntest, wo immer du bist, wann immer du willst, was deinen Fokus steigern und es dir einfacher machen würde, in einen produktiven Schaffensrausch zu gelangen, dann würdest du es tun, oder?

Und das kannst du.

Wir atmen permanent ohne darüber nachzudenken, aber unser Atem ist ein unglaubliches Werkzeug, das wir bewusst kontrollieren und steuern können, um bestimmte physiologische Ergebnisse zu erreichen.

Eine erhöhte Atemfrequenz und flache, gereizte und ziehende Atemzüge sind zum Beispiel mit Angst verbunden. Durch eine tiefere, längere und sanftere Atmung wird dagegen eine Entspannungsreaktion des Körpers angeregt, die den Geist beruhigt und einen vollständigen Sauerstoffaustausch ermöglicht.

Die kohärente Atmung ist eine spezielle Art der Atmung, bei der du die Dauer und Abstände des Ein- und Ausatmens so anpasst, dass ein friedlicher und dennoch präsenter Zustand entsteht (perfekt, um in einen produktiven oder inspirierten Arbeitsablauf zu gelangen!).

 

Kohärentes Atmen: Wie funktioniert es?
Während einer durchschnittliche Atemfrequenz atmet man typischerweise jeweils 2-3 Zählzeiten ein und aus (etwa 12-14 Atemzüge pro Minute). Bei der kohärenten Atmung wird das Ein- und Ausatmen bewusst gesteuert und verlängert. Daraus resultieren dann 5-6 Atemzüge pro Minute. Das Ein- und Ausatmen ist auch hier immer gleichlang. Klinische Studien haben gezeigt, dass diese Atemtechnik die Biomarker für die psychische und physische Gesundheit verbessert (einschließlich Herzratenvariabilität und autonomer Flexibilität) und hilft, Körper und Geist in einen optimalen Zustand zu versetzen. Das liegt daran, dass beim „kohärenten“ Atmen einer der Hauptnerven im Gehirn aktiviert wird, der Vagusnerv. Dieser Nerv läuft vom Gehirn zum Zwerchfell, welches wiederum Signale an unser autonomes Nervensystem sendet um dieses in einen erholsamen (parasympathischen) oder alarmierenden (sympathischen) Stresszustand zu versetzen.

 

Wenn wir unbewusst Atmen, ist das Einatmen in der Regel stärker und kürzer als das Ausatmen. Das Einatmen ist eine natürlich sympathische (alarmierende) Aktion, während das Ausatmen eine natürlich parasympathische (erholsame) Aktion ist. Durch die kohärente Atmung bringen wir das sympathische und parasympathische System in eine Balance, die zu einem ruhigen aber gleichzeitig fokussierten psychologischen Effekt führt.

Durch gleichmäßige kohärente Atmung werden unser sympathisches und parasympathisches System ins Gleichgewicht gebracht, was optimal ist, um eine ruhige, aber aufmerksame und konzentrierte physiologische Wirkung zu erzielen.

Was ist Herzratenvariabilität?
Die Herzratenvariabilität (HRV) ist das Maß für die Zeitabweichung zwischen jedem Herzschlag, die vom autonomen Nervensystem (unbewusst) gesteuert wird. Das autonome Nervensystem besteht ebenfalls aus zwei Teilen: dem Sympathikus (Flucht- oder Kampfreaktion) und dem Parasympathikus (Ruhe und Verdauung, Entspannungsreaktion). Ein zentraler Bestandteil unseres Gehirns, der Hypothalamus, sendet über das autonome Nervensystem Signale an den Körper, um je nach seiner Interpretation der Umgebung und der Reize um uns herum Funktionen zu aktivieren oder zu entspannen. Konstanter chronischer Stress auf niedriger Ebene kann die sympathische Reaktion in einen chronischen Overdrive führen. Es wurde festgestellt, dass die HRV ein genauer biologischer Marker für unsere Gesundheit und unseren Lebensstil ist. Sie demonstriert einen klaren Zusammenhang zwischen dem autonomen Nervensystem und seiner Fähigkeit, schnell zwischen dem sympathischen und dem parasympathischen Zustand zu wechseln, und zeigt damit unsere Widerstandsfähigkeit gegen Stress.

Je höher unsere HRV und damit die Abstände zwischen den Herzschlägen (also ein schneller und häufiger Wechsel zwischen parasympathischem und sympathischem Nervensystem), desto gesünder, fitter, belastbarer und flexibler bist du.

In den letzten Jahren hat die Forschung außerdem einen starken Zusammenhang zwischen niedriger HRV und Depressionen, Angst und erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gezeigt. Durch Aktivitäten, die das parasympathische System aktivieren, können wir das vegetative Nervensystem stärken, Stress besser bewältigen und schlussendlich unsere HRV und unsere allgemeine Gesundheit verbessern. Die kohärente Atmung hat sich hierfür als sehr effektive Methode erwiesen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Kohärenz nicht dasselbe ist wie Entspannung. Stattdessen ist es eine Art Flow-Zustand, in dem du aufmerksam bist und dich flexibel an deine Herausforderungen anpassen kannst, ohne zu entspannt oder verkrampft zu sein.

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Weitere Vorteile der kohärenten Atmung:

– Erhöhungen des Ruhepegels der HRV deuten auf einen größeren vagalen Tonus hin (worunter eine größere Myelinisierung des Vagus verstanden wird), da der Vagus durch diese langsame Atmung immer wieder aktiviert wird. Vereinfacht ausgedrückt erhöht dies die Geschwindigkeit der Signalübertragung durch den Nerv und ruft so eine stärkere parasympathische Reaktion nach einem Zustand körperlicher oder psychischer Belastung hervor. Daher besteht ein starker Zusammenhang mit der Widerstandsfähigkeit.

 

– Erhöhte Gehirnfunktion; ein verstärkter vagaler Tonus ist auch mit einer erhöhten präfrontalen kortikalen Funktion verbunden (eine Schlüsselkomponente des Gehirns, die an der Planung von komplexem kognitiven Verhalten, Persönlichkeitsausdruck, Entscheidungsfindung und der Moderation von Sozialverhalten beteiligt ist).

 

– Erhöhte Empathie und soziale Verbundenheit; ein gesteigerter vagaler Tonus wird damit assoziiert.

 

– Förderung der Entspannung und Abbau von Stress und Entzündungsmarkern durch Stimulation des parasympathischen Nervensystems (das einen Zustand der Ruhe in Körper und Geist fördert).

 

– Senkung des Blutdrucks durch Erhöhung der Baroreflexempfindlichkeit (einer der wichtigsten homöostatischen Mechanismen des Körpers, der hilft, einen gesunden Blutdruck zu halten).

 

– Erhöhte Sauerstoffversorgung des Gehirns durch effizienteren Sauerstoffaustausch und Perfusion in der Lunge bei längerer Ein- und Ausatmung.

 

– Reduzierte Angst und Depressionen durch den erhöhten GABA-Spiegel (ein wichtiger Neurotransmitter, der das parasympathische System aktiviert), der durch langsames Atmen stimuliert wird.

 

Also, kohärentes Atmen bietet eine einfache, sichere und effektive Möglichkeit, dich in einen aufmerksamen, entspannten und Flow-ähnlichen Zustand zu versetzen. Es gibt dir außerdem kurzfristige Hilfe bei Ängsten und wird deine langfristige Gesundheit verbessern – das Ausprobieren ist also eine Win-Win-Situation!


Wie funktioniert es:
1. Begib dich in eine bequeme Position; das kann liegend, im Schneidersitz oder auf einem Stuhl sein. Im Liegen sollten die Beine leicht angehoben werden, um den unteren Rücken zu stützen und das Gewicht des Zwerchfells auf der unteren Lunge zu reduzieren. Ideal ist es, auf dem Boden zu liegen und die gebeugten Beine mit den Waden auf einem Stuhl abzulegen.

 

2. Fange jetzt an, bewusst darauf zu achten, wie du gerade atmest. Achte darauf, wie viele Atemzüge du pro Minute über einige Minuten hinweg durchschnittlich nimmst. Wenn du eine sehr hohe Atemfrequenz hast (mehr als 16 Atemzüge pro Minute), dann kann es zu schwierig sein, diese auf fünf oder sechs pro Minute zu reduzieren, also versuche es erst einmal mit zehn und reduziere sie dann weiter. Wenn du sehr groß bist, kannst du deinen Atem auf sieben Sekunden Ein- und Ausatmen anpassen, statt fünf oder sechs.

 

3. Beginne jetzt langsam, über ein paar Minuten hinweg den Atem zu verlangsamen (achte dabei darauf, dass das Ein- und Ausatmen gleichmäßig bleibt).

 

4. Fahre so fort, bis du eine Frequenz von fünf oder sechs Atemzügen pro Minute erreichst (je nachdem, was sich für dich gut anfühlt). Es gibt viele Apps, die du verwenden kannst, um dieses Tempo zu finden und beizubehalten. www.coherence.com hat einen Respire 1 Track, der leicht zu nutzen ist. Es gibt zwei Glockensounds, einen mit hoher Tonhöhe (für das Einatmen) und einen mit niedriger Tonhöhe (für das Ausatmen).

 

5. Wenn du zu irgendeinem Zeitpunkt aufhören möchtest, dann tu das – wenn sich die Atemfrequenz zu unangenehm schnell oder langsam anfühlt, dann passe sie einfach an und arbeite dich dann mit der Zeit auf fünf oder sechs herunter.
Beachte, dass du den Atem nicht herausziehst oder drückst – dies kann Angst auslösen; die besten Ergebnisse werden erzielt, wenn der Atem subtil und passiv ist.

 

6. Übe fünf Minuten am Tag und arbeite morgens und abends bis zu zehn Minuten mit dieser Technik, wenn du die optimale Wirkung erzielen willst.

 

Viel Spaß und Erfolg beim Ausprobieren!