Flow

Hast du eine Flow Persönlichkeit?

In seinem Buch “Flow. Die Psychologie der optimalen Erfahrung”, beschreibt der Flow-Vater Csikszentmihalyi die Geschichte eines Air-Force Piloten, der viele Jahre in Nordvietnam festgehalten wurde. Nach seiner Befreiung bat der Pilot als eine der ersten Dinge, eine Partie Golf zu spielen. Zur Überraschung aller spielte er ein exzellentes Match. Auf Nachfragen antwortete der Pilot, er habe sich jeden Tag vorgestellt, 18 Löcher zu spielen, seinen Schläger zu wählen, und den Kurs des Balles zu regulieren. Diese Disziplin hat den Gefangen nicht nur davor bewahrt, dem Wahnsinn zu verfallen, sondern hat ihn offenbar sogar noch erlaubt, seine körperlichen Fähigkeiten zu bewahren.


Was ist so besonders an diesem Mann und was hat er mit Flow zu tun? Nach Csikszentmihalyi gibt es Personen, die besser in den Flow kommen als andere und diese beschreibt er als Flow-Persönlichkeiten oder auch als autotelische Persönlichkeiten. Unser Pilot ist ein gutes Beispiel für eine autotelische Persönlichkeit. Autotelisch ist griechisch und setzt sich zusammen aus den Worten “selbst” (autós) und “Ziel” (télos). Damit werden Menschen mit hoher intrinsischer Motivation beschrieben, also Menschen denen die Beschäftigung mit einer Aufgabe selbst genügend ist und die nicht primär interessiert sind an externen Belohnungen wie Geld oder Anerkennung. Für Csikszentmihalyi gibt es ein Profil aus Fähigkeiten und teilweise konträren Charaktereigenschaften, die eine autotelische Person ausmachen.

 

Das Besondere ist, dass vordergründige Widersprüche zwischen der Kontrolle der eigenen Handlungen und Offenheit für neue Erfahrungen in der autotelischen Person vereint werden und erst dadurch eine größere Neigung zu Flow entsteht. Die autotelische Person ist konzentriert und beharrlich genug, sich einer Aufgabe voll und ganz zu widmen und schafft es gleichzeitig, offen zu sein für neue Erfahrungen. So wie der Pilot. Die Fähigkeit, selbst unter den schwierigsten Bedingungen immer wieder mentale Herausforderungen zu suchen, mit Freude und unglaublicher Disziplin ein Ziel zu verfolgen, und dabei zu wachsen, kurz im Flow zu sein, ist trainierbar.

 

Die wichtigsten Fähigkeit und Geisteshaltungen, die für die Flow-Persönlichkeit charakteristisch sind zusammengefasst:

 

• Fokus

• Achtsamkeit
• Selbstwahrnehmung
• Urteilsfreiheit
• Konzentrationsfähigkeit

 

• Leichtigkeit

• Ausgeglichenheit
• Emotionsregulierung
• Positivität
• Geringe Ichbezogenheit

 

• Optimismus

• Selbstakzeptanz
• Kontrollüberzeugung
• Suche nach Herausforderungen
• Selbstwirksamkeit

 

• Wachstumsmindset

• Offenheit für neue Erfahrungen
• Zielbewusstsein
• Durchhaltevermögen
• Prozessorientierung
• Lernbereitschaft

Take-Home-Message #1: Flow-Skills sind erlernbar.

Wie Körper und Geist zusammenarbeiten

 

Du denkst dir jetzt vielleicht, dass es ja ein echter Glücksgriff sein muss, dass ausgerechnet du mit genau diesen Eigenschaften ausgestattet bist. Und vermutlich hast du dir beim Lesen vom Schicksal des Piloten gedacht, dass er womöglich der tougheste Mann der Welt ist und du (noch) nicht an seine Fähigkeiten rankommen kannst. Wenn du weiterliest, wirst du erkennen, dass auch du zu diesem Piloten werden kannst.


Rene Descartes gehört zu den berühmtesten Philosophen überhaupt. Zu einer seiner bekanntesten Ansichten gehört der Cartesianische Dualismus. Dualismus ist ein Versuch, das sogenannte Leib-Seele-Problem zu lösen. Das Mind-Body Problem ist ein philosophisches Problem, in dessen Kern, die Frage steht, wie der Geist und der Körper in Verbindung stehen. Der cartesianische Dualismus findet eine einfache und lange Zeit weitgehend akzeptierte (und im Kern religiöse) Antwort auf diese Frage: Der Geist und der Körper sind zwei grundsätzlich unterschiedliche Entitäten und stehen nicht miteinander in Verbindung. Es gibt die mentale und es gibt die physische Sphäre. Die neuesten Erkenntnisse der Neurowissenschaften widersprechen dieser Ansicht entschieden.

Demnach sieht es so als, als dass spezifische Gehirnstrukturen und Gehirnaktivität die Basis mentaler Aktivität sind. Ohne Gehirn kein Verstand. Mentale Zustände können auch immer detaillierter durch die Funktionsweise des Gehirns erklärt werden. Dank Erkenntnisse über Neuroplastizität wissen wir heute jedoch noch etwas viel wichtigeres: Durch unseren Geist können wir auch unsere Gehirnstruktur beeinflussen.

Was ist Neuroplastizität?

 

Neuroplastizität beschreibt die Eigenschaft von Gehirnarealen, Synapsen und Nervenzellen basierend auf ihrer Nutzung, ihre Anatomie und ihre Funktion zu verändern. Anders gesagt, je mehr ich ein bestimmtes Gehirnareal benutze desto mehr verstärke ich es. Der Pilot hat genau das genutzt: er hat bestimmte Hirnareale aktiviert, indem er seine Vorstellungskraft benutzt und somit seine Fähigkeiten erhalten und sogar enorm verbessert hat.
Unsere Fähigkeit zu lernen, Erfahrungen abzuspeichern und zu erinnern beruht also auf Neuroplastizität. Wir können uns diesen Prozess noch etwas genauer anschauen, um besser zu verstehen, wie ich durch die Kraft meiner Gedanken meine Neuroanatomie beeinflussen kann.

 

Wie funktioniert unser Gehirn?

 

Bildlich gesprochen besteht unser Gehirn aus unfassbar vielen elektrischen Leitungen, sogenannten Neuronen. Jede Handlung unseres Gehirns beruht auf der Interaktion dieser Neuronen untereinander, über sogenannte Synapsen. Die Neuronen kommunizieren miteinander indem sie durch chemische Botenstoffe, sogenannte Neurotransmitter, elektrische Impulse übertragen. Jede noch so scheinbar banale Handlung, die du ausführst, basiert auf der Interaktion von tausenden solcher neuronalen Netze.


Use it or lose it!

 

Je mehr wir einen bestimmten Schaltkreis in unserem Gehirn benutzen, desto stärker wird die Verbindung zwischen den einzeln Nervenfasern. Je stärker die Verbindungen, desto einfacher und automatischer geht dir diese bestimmte Handlung von der Hand. Diese Funktionsweise hat unser Pilot mit Sicherheit nicht gekannt, denn darüber gab es zu seiner Zeit noch keine Erkenntnisse, aber er hat sie genutzt und es hat ihm nicht nur seinen Verstand gerettet, sondern auch eine herausragende Fähigkeit beschert.

 

Bist du es zum Beispiel gewohnt, dir jeden Abend die Zähne zu putzen, dann ist das neuronale Netz, welches hierfür zuständig ist, so stark, dass du gar nicht groß über diese Handlung nachdenken musst. Wenn du aufhörst, dir abends regelmäßig die Zähne zu putzen und somit das bestimmte Netz weniger in Anspruch nimmst, nehmen die Verbindungen ab. Du kannst dir diese Prozesse (mit leichten Einschränkungen) ungefähr wie Muskeltraining vorstellen: Je mehr du bestimmte Muskelgruppen nutzt, desto stärker werden sie und desto einfacher empfindest du es, diese Muskelgruppen zu beanspruchen. Wenn du mit dem Muskeltraining einmal aufhörst, nimmt deine Muskelmasse wieder ab und du wirst schwächer. So ungefähr funktioniert auch Neuroplastizität in deinem Gehirn. Daher auch der berühmte Spruch: Use it or lose it!

 

Implikationen von Neuroplastizität

 

Die Implikationen von Neuroplastizität sind weitreichend. Sie bietet nicht nur eine Erklärung für unsere Fähigkeit zu lernen und zu erinnern, sondern bedeutet auch, dass wir implizite Mindsets, Gedankenstrukturen und emotionale Reaktion durch intensives mentales Training verändern können.

Take-Home-Message #2: Neuroplastizität bedeutet, dass wir implizite Mindsets, Denkmuster und emotionale Reaktionen durch intensives mentales Training verändern können.

Ist Persönlichkeit veränderbar? – Grenzen und Chancen von Neuroplastizität

 

In der Persönlichkeitspsychologie gibt es eine große Debatte zu der Frage, ob Persönlichkeit veränderbar ist, oder nicht. Traditionell wird in der Psychologie davon ausgegangen, dass Persönlichkeit zu einem großen Teil vererbbar und nur wenig veränderlich ist. Im Endeffekt ist dies auch eine Kontroverse über die Grenzen von Neuroplastizität. Zwar verändert sich das Gehirn dein ganzes Leben lang, aber die Flexibilität deines Gehirns nimmt mit dem Alter ab. Diese Tatsache macht intuitiv aus verschiedenen Perspektiven Sinn. Erstens stellt sich immer die Frage, zu welchem Grad können wir die biologischen Prädispositionen unseres Gehirns durch unseren Geist verändern. Zweitens zeigt auch schon die Natur von Neuroplastizität und Gewohnheiten warum die Veränderbarkeit unseres Gehirns trotz allem begrenzt ist: Gewohnheiten und Gehirnstrukturen sind bidirektional und selbstverstärkend. Wie oben im Text schon angedeutet, beeinflussen Gewohnheiten unsere Gehirnstrukturen. Je stärker die Gewohnheit ausgeprägt, desto stärker das korrespondierende neuronale Netz. Je stärker das neuronale Netz, desto schwieriger ist es im Umkehrschluss eben auch, tief verankerte Gedankenmuster zu verändern.
Trotzdem gibt es immer mehr Psychologen, die davon überzeugt sind, dass Persönlichkeitsmerkmale nicht so beständig sind, wie traditionell angenommen. Eine bekannte Verfechterin dieser These ist die Stanford Psychologin Carol Dweck, die viel Aufsehen erregt hat mit ihren Studien zum Einfluss impliziter Theorien auf Persönlichkeit und eine Reihe von Verhaltensweisen. Dweck und viele andere Psychologen vertreten die Meinung, dass Persönlichkeit neben genetischer Veranlagung zu einem großen Teil von unseren Erfahrungen geprägt wird und dass implizite Glaubenssysteme beeinflussen, wie wir diese Erfahrungen wahrnehmen, interpretieren und welche Schlüsse wir aus ihnen ziehen. Will man also seine Persönlichkeit verändern, muss man an genau diesen Glaubenssystemen oder auch Glaubenssätzen ansetzen. Und dies kann gelingen, dank Neuroplastizität. Schau dazu in unseren Artikel zu Glaubenssätzen.

Take-Home-Message #3: Du kannst deine Denkmuster dank Neuroplastizität selbst ändern.

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Literatur:

– Mihaly Csikszentmihalyi – Flow. The Psychology of Optimal Experience (1990)

 

– Flow Experience. Empirical Research and Applications, PTLID und Flow – konzeptionelle und empirische Zusammenhänge – Bachelorarbeit im Auftrag von flowletics von Ludwig Lippold

 

– Carol Dweck – can personality be changed? The role of beliefs in Personality and Change und Exercising your brain: A review of human brain plasticity and training induced learning https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2896818/